Männerförderung wirkt produktivitätssteigernd!

Yves von Ballmoos


Zur Abstimmung über die Vaterschaftsurlaubs-Vorlage vom 27.09.2020 in der Schweiz.

Es erscheint als unbestritten, dass eine breite Förderung der Frauen aus ethischen (Gleichberechtigung) wie auch aus volkswirtschaftlichen Gründen zu unterstützen ist. Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau ist weder gesellschaftlich noch ökonomisch derzeit in der Schweiz erreicht, das zeigen Debatten und Studien[1] über Familienbilder zum einen und Lohnungleichheiten zum anderen. Weniger unbestritten sind allerdings die Massnahmen und Instrumente, mit denen Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau geschaffen werden soll. Darauf möchte ich im Folgenden aus «good governance» Sicht eingehen:

Vorweg aber: Darf und soll ich mich als Arbeitgeber überhaupt intern und allenfalls auch öffentlich zu politischen Themen äussern? Meine Erfahrung hat mich gelernt, dass es Mitarbeiter sehr interessiert wie ein Unternehmen zu politischen Fragen steht und von den entsprechenden Entscheiden betroffen ist. Vielen Mitarbeitern ist das Wohlergehen des eigenen Unternehmens sehr wichtig und falls Sie die Rahmenbedingungen durch ihr Abstimmungsverhalten beeinflussen können, so leisten sie gerne diesen Beitrag. Hierfür müssen Sie aber die konkrete Lage und die ehrlich geschilderten Auswirkungen kennen. Sachlichkeit ist dabei das Gebot der Stunde und: Das Unternehmen als Ganzes steht im Mittelpunkt dieser Diskussion, nicht das Top-Management. Sachlich geführte interne Diskussionen zu wirtschaftspolitischen und gesellschaftlichen Themen können ein wertvoller Teil der Unternehmenskultur sein. Ob eine politische Meinungsäusserung gegen aussen Sinn macht, hängt sehr vom Thema ab. Ich empfehle es nur dann zu tun, wenn ein öffentliches Interesse daran besteht.

Zurück zur Gleichberechtigung: Zusammen mit Dr. Philipp Schütt habe ich vor 4 Jahren die Attraktivität von Arbeitgebern für hochqualifizierte Mitarbeiterinnen untersucht[2]. Das Ergebnis war so einfach wie klar: Reduzieren Männer zu Gunsten ihrer Frauen ihr Arbeitsaufkommen, so sind die Kosten für die Männer deutlich höher als jene für Frauen! Teilzeitarbeit ist bei Männern deutlich weniger etabliert und haben einen grösseren negativen Einfluss auf die Karriere als bei Frauen. Diese kämpfen seit Jahrzenten erfolgreich dafür, wo hingegen Männer diesbezüglich kaum emanzipiert sind. Wäre es für Männer einfacher und weniger kostspielig Teilzeit zu arbeiten oder auch mal eine Familienauszeit in Anspruch zu nehmen, so hätten deren Partnerinnen deutlich bessere Chancen am Arbeitsmarkt.

Der Vaterschaftsurlaub ist bestimmt nicht die beste und einzige Lösung, um die Gleichberechtigung zu fördern, aber es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, ein Schritt hin zu Männer-Emanzipation. Besser wäre selbstverständlich ein Elternurlaub, der es Paaren erlaubt die Elternzeit gemäss ihren Bedürfnissen auf die einzelnen Partner zu verteilen. Männer würden dabei tendenziell benachteiligt, da deren Opportunitätskosten höher sind, doch daran muss eh gearbeitet werden! Zudem sind Frauen dann endlich gleichgestellt, wenn es um die Besetzung offener Stellen geht. Elternurlaub würde diesen «unconscious bias» abbauen, wenn nicht eliminieren. Fairer halber sei an dieser Stelle erwähnt, dass ein einheitliches Pensionsalter von Mann und Frau zu einer echten Gleichberechtigung dann eben auch dazu gehört.

Das Argument der volkswirtschaftlichen Kosten eines Vaterschaftsurlaubs entkräftet sich, wenn man die zu erwartenden, zukünftigen Produktivitätsgewinne durch mehr arbeitende (insbesondere hochqualifizierte) Frauen berücksichtigt wird. In Zeiten steigendem (politischen und epidemiologischen) Druck auf die Personenfreizügigkeit, kann sich zudem eine kompetitive Volkswirtschaft den Verlust vieler gut ausgebildeter Arbeitnehmer(innen) bestimmt nicht leisten, wie dies bei Frauen nach Abschluss der Erstausbildung in der Schweiz zeigt[3]. Anders sieht es mit den kurzfristigen betrieblichen Kosten, gerade für KMUs aus. Stellvertretungen sind hier oft schwieriger und kostspieliger zu bewerkstelligen als in grösseren Unternehmen. Ein Elternurlaub würde es dem mündigen, loyalen Mitarbeiter ermöglichen, die Lage des Arbeitgebers mit in die Überlegungen rund um die Dauer des Urlaubs einzubeziehen.


Yves von Ballmoos
Dättlikon, 07.09.2020


[1] z.B. Bundesamt für Statistik, Erhebung zu Familien und Generationen, Einstellung zur Erwerbstätigkeit von Müttern mit Kindern im Vorschulalter, Seite 28, Bern, 2019

[2] Vgl. www.nzz.ch/wirtschaft/wirtschaftspolitik/mehr-teilzeitarbeit-fuer-maenner-1.18697602?reduced=true

[3] Vgl. www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/wirtschaftliche-soziale-situation-bevoelkerung/gleichstellung-frau-mann/vereinbarkeit-beruf-familie.html sowie https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/wirtschaftliche-soziale-situation-bevoelkerung/gleichstellung-frau-mann/vereinbarkeit-beruf-familie/erwerbsmodelle-paarhaushalten.html, beide abgerufen am 02.09.2020

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