Chinas Möbelindustrie boomt, trotz Handelskrieg und Covid-19!

Yves von Ballmoos

Chinas Möbelindustrie boomt, trotz Handelskrieg und Covid-19!


Trotz internationaler COVID-19 Krise und andauerndem Handelskrieg zwischen den USA und China boomt die chinesische Möbelindustrie wie nie zuvor. Treiber sind die internationalen E-Commerce Plattformen wie Amazon, Wayfair, Home Depot, Alibaba, etc.

Nach Jahren starken Wachstums ist China zum grössten Möbelproduzenten wie auch Exporteur weltweit gewachsen. 2019 exportierte China Möbel im Wert von rund 82 Milliarden Euro. Gemessen am Ausfuhrwert hatten 2019 35 % aller Möbel ihren Ursprung aus dem Reich der Mitte. Gleichzeitig profitiert die Branche von einer immer grösser werdenden Inlandnachfrage, getrieben durch steigendes verfügbares Einkommen der Bevölkerung.

Die vom Welthandel in grossen Volumen georderten Möbel aus China unterliegen einem verhältnismässig langen Sourcingprozess, welcher vom Angebot bis zur Anlieferung am Zielort oftmals 6 – 12 Monate beträgt. Der Corona-Schock Januar / Februar in China und anschliessend in Europa sowie den USA haben in einer ersten Phase zu massenhaft Auftragsstornierungen geführt. Der Markt erwartete durch die Lockdowns nicht wieder gut zu machende Einbussen und rechnete kaum mit Kompensationsumsätzen nach der Wiedereröffnung. Heute wissen wir, dass während der Lockdowns weltweit nie so viel Möbel online bestellt wurden wie zuvor und dies in einem nicht zu erwartenden Masse. Das hohe Online-Niveau – bei IKEA beispielsweise fast doppelt so hoch wie zuvor – vermochte sich zudem beinahe halten und führte zu einem massiven Boom. Nicht nur die pure Onliners wie Amazon, JD, Rakuten, Wayfare, Alibaba, etc. verzeichneten phänomenale Umsätze, sondern auch die Online-Shops der traditionellen Möbelhändler. Zudem strömten die Konsumenten nach den Wiedereröffnungen in Scharen in die (stationären) Läden und kauften Einrichtungsgegenstände. Heute verzeichnen sehr viele Einrichtungshäuser bessere Umsätze als im Vorjahr, trotz Lockdown!

Betrachten wir Amazon, so legte die Category «Home and Kitchen» dieses Jahr 39.5 % zu! Machen wir uns dann noch Gedanken darüber, was für Möbel bei Amazon v.a. verkauft werden (es sind günstigere, die flach verpackt sein müssen), so darf angenommen werden, dass der China-Anteil daran sehr hoch ist.

Online-Shops sind deutlich flexibler und schneller im Sourcing. Im Gegensatz zu den stationären Einrichtungshäusern müssen sie ihre Ware nicht erst in geeigneter Menge in die Läden bringen um verkaufen zu können. Sie können durchaus auch mit deutlich kleineren Mengen ohne grosse Sortimentsstrategie, Stylingkonzepte, etc. auf den Markt gehen und viel eher riskieren, dass ein Produkt schnell ausverkauft ist. Geschieht dies bei stationären Händlern, so werden teure Stellplätze mit nicht lieferbaren Produkten besetzt!

Amazon und Co. konnten im Frühjahr, als viele angestammte Kunden der chinesischen Möbelproduzenten auf die Bremse gingen, in die Bresche springen. Doch auch die Produzenten haben auf die unsichere Lage reagiert und nach Chinese New Year teils nicht mehr gleich viel Personal eingestellt wie zuvor! Die verbliebenen Kapazitäten gingen innert wenigen Wochen an den Online-Handel über, weit bevor die traditionellen Möbelhändler feststellten, dass 2020 doch ein gutes Möbeljahr wird. Nach den Lockdowns wurden die offenen Bestellungen aus dem Frühjahr wieder aktiviert. Zudem wurde mit grösseren Nachbestellungen auf die gute Nachfrage reagiert. Das alles führt nun zu einem massiven Boom in der chinesischen Möbelindustrie. Im Juli verzeichnete die chinesische Möbelindustrie bessere Umsätze als vor Weihnachten![2] Kevin Wu, CEO von Huatian Furniture Industries berichtete mir, seine Fabriken würden die Kapazitäten in den nächsten 6 Monaten ums Doppelte zur Vor-Corona Zeit erhöhen! Kapazitätserweiterungen finden in China nicht per se über die Erhöhung von Arbeitskräfte statt. In kaum einem anderen Land ist der Industrialisierungsgrad der Möbelindustrie höher, welche in den vergangenen Jahren stark in neue, hochmoderne Produktionsanlagen investiert hat.

Covid-19 wie auch der Handelskrieg mit den USA zeigen uns auf, wie gross die Wettbewerbsvorteile der chinesischen Möbelindustrie effektiv sind. Die Zentralregierung hat die Pandemie schnell, wenn auch rigoros, unter Kontrolle gebracht und vermochte die Bevölkerung mit genügen Schutz- und Hygieneartikel auszurüsten. Zudem erweist sich die Möbelindustrie als sehr agil, auch wenn die aktuellen Lieferzeiten nun auf beinahe das Doppelte hochschnellen. Aber auch diese Kapazitätsengpässe werden sie in den Griff bekommen. Kevin Wu jedenfalls rechnet, dass sich diese innert den nächsten 4 – 5 Monaten wieder im normalen Rahmen einpendeln werden, bei weiterhin guten Umsätzen.

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