Design-Fachgeschäfte sind die beliebtesten Möbelhändler

Yves von Ballmoos

Nach unserer Auswertung von online-Bewertungen von 413 Möbelhändlern in der Schweiz und Deutschland sind Design-Fachgeschäfte sowie spezialisierte Fachhändler die beliebtesten Formate, um Möbel und Einrichtungsgegenstände einzukaufen. Dies gilt v.a. für eine stationär geprägte Customer Journey, denn die Online-Shops der Pure-Online Möbelhändler sind deutlich beliebter als jene der grossen Multi- und Omni-channel Anbieter.

In einer Ende 2020 fertig gestellten Studie untersuchten wir wie beliebt die verschiedenen Geschäftsmodelle im Schweizer- und deutschen Möbelmarkt bei den Konsumenten sind. Hierfür werteten wir 154 Schweizer und 259 deutsche Einrichtungs- und Möbelhäuser aus, zum einen bezüglich deren Google-Bewertungen und zusätzlich, falls sie auch im E-Commerce aktiv sind, deren Trustpilot-Bewertungen. Die einzelnen Marktteilnehmer wurden entsprechend ihrem (vorherrschenden) Business-Model gruppiert: Design-Fachgeschäfte (Teo Jakob, Gärtner, etc.), Discounter (Roller, Lipo, Poco, …), Fachhändler (z.B. Betten-, Küchen- oder Gartenmöbelspezialisten), filialisierte Einrichtungshäuser (Micasa, Pfister, Mömax, …), Lifestyler (wie Maison du Monde, Depot, …), grossflächige Möbelpaläste[1] (XXXLutz, Inhofer, Höffner, Ostermann, …), Pure-Onliner (Beliani, Connox, Otto, …) sowie IKEA. Erhoben wurden die Daten durch eine Clusterung des statistischen Samples. Betrachtet wurden die Einrichtungs- und Möbelhäuser in den Clusters Zürich, Basel, Bern-Mittelland, München, Köln, Berlin und Hamburg. Damit wurde sichergestellt, dass alle in ausreichendem Masse im Markt vorhanden sind und die Konsumenten die Wahl zwischen den verschiedenen Anbietertypen haben. Gesucht wurde innerhalb dieser Cluster nach «Möbel», «Möbelhaus», «Einrichtungshäuser», «Möbel Discount» und «Designmöbel». Um Aufnahme in die Sample-Liste zu finden, mussten mindestens 10 Google-Bewertungen vorliegen.

Google-Bewertungen nach Geschäftsmodell, Schweizer- und deutscher Möbelmarkt, Skala 1 – 6, 2020

Über den Schweizer- wie auch den deutschen Möbelmarkt lässt sich festhalten, dass die Kunden die Fachhändler sowie die Design-Fachgeschäfte am besten bewerten. Die grosse Streuung der Resultate bei den Fachhändlern lässt sich durch die Breite der zusammengefassten Formate erklären (Küchenstudios, Küchenfachmärkte, Gartenmöbelhändler, Bettenfachgeschäfter, etc.). Schlecht schnitten die umsatzmässig grossen Anbieter ab, abgesehen von IKEA: die filialisierten Einrichtungshäuser und die Möbelpaläste.

Die Gründe für das gute Abschneiden der Designmöbelhäuser sehen wir in der Beratung, der (oftmals) stark emotionalisierten Ausstellung sowie dem Nachhaltigkeitsgedanken hinter hochwertigen Produkten. Trotzdem gilt es zu bedenken, dass viele Designmöbelhäuser mit massiven Umsatzrückgängen in den letzten 15 Jahren zu kämpfen haben und die Digitalisierung weitgehen verschlafen haben.

Sehr wenig Google Bewertungen haben die Pure-Onliner erhalten, was kanalbedingt erklärt werden kann. Online-Shops werden deutlich mehr über Trustpilot bewertet. Wir haben entsprechend die verschiedenen E-Commerce Möbelanbieter (insgesamt 53) nochmals separat mit Trustpilot-Bewertungen verglichen. Dabei schneiden die Pure-Onliner deutlich besser ab als die Online-Shops der grossen Multi- und Omnichannel-Anbieter (z.B. Pfister, Micasa, Livique, Ostermann, XXXLutz, Höffner, etc.).

Trustpilot Bewertungen der Online-Shops von Pure-Onliner und (auch) stationär tätigen
Einrichtungshäusern in Deutschland und der Schweiz, 2020

Woran liegt es, dass trotz hohen Investitionen die grossen Möbelhändler im E-Commerce nicht gleich beliebt sind wie die reinen Onlinehändler? Umsatzmässig dürften die erstgenannten sogar stärker sein! Die Relevanz der Online-Umsätze ist auch gestiegen: 2020 betrug der Online-Anteil aller Einrichtungseinkäufe gemäss GfK in der Schweiz 15 % (wertmässig). Auffallend ist der deutlich höhere Emotionalisierungsgrad, die bessere Produktdatenqualität und die oftmals bessere Verfügbarkeit, gerade von individualisierbaren Möbeln, welche oftmals stärker vertikalisiert sind als bei stationären Händlern. Wir sehen den Grund hierfür im Business-Model der Online-Händler. Sie halten sich viel weniger an Industriestandards wie die «Alten», arbeiten mehr in Netzwerken entlang der Wertschöpfungskette und kennen die Pains- & Gains der Kunden besser. Daraus arbeiten sie erfolgreichere Lösungen aus als ihre Multichannel-Kollegen. Business Model Innovation ist nicht die Stärke der grossen Einrichtungshäuser. Im Zuge der Digitalisierung werden wohl diverse Prozesse und Produkte digitalisiert und «innoviert». Dies dient aber viel zu oft nur der Effizienzsteigerung als einem erhöhten Kundennutzen oder gar einem neuen Geschäftsmodell. Damit können Kosten gespart, jedoch kaum Wachstum generiert werden (Frankenberger et al, 2020).

Empirische Ergebnisse belegen eindeutig, dass Geschäftsmodellinnovationen mit höherem Erfolgspotential verbunden sind als Produkt- und Prozessinnovationen, wie beispielsweise das Digitalisieren bestehender Geschäftsprozesse (BCG 2009, IBM 2012, MIT Sloan 2013).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Value Proposition Design, Chancen und Gefahren im Rahmen der Business Model Innovation in etablierten Unternehmen, Osterwalder, Pigneur, Bernarda, Smith, 2014

Grosse Unternehmen sind gut beraten, wenn Sie neue Geschäftsmodellideen in Teams entwickeln, die nicht an den Ketten alter Denkweisen und Prozesse liegen. Start-ups oder interne Ventures können dabei helfen. Es braucht aber ein starkes Top-Management Commitment, denn moderne Business Model Innovation ist ein langsamer, mit vielen Rückschlägen versehener Weg. Er ist teuer, aber weniger teuer als den alten Weg weiter zu gehen! Abnehmende Quadratmeter- und massiv steigende Online-Umsätze sind klare Vorboten was auf den stationären Handel zukommt. Online-Excellency kommt nicht einfach durch den Betrieb eines weiteren Vertriebskanal.

[1] Der zugrunde liegenden Definition entsprechend gibt es in der Schweiz nur einen Möbelpalast: XXXLutz in Rothrist

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